Haben Sie einen Riester-Banksparplan wie den „S-VorsorgePlus“? Dann sind die aktuellen Urteile des Bundesgerichtshofs (BGH) für Sie von entscheidender Bedeutung. In diesem Artikel erfahren Sie, wie Sie sich bei der anstehenden Auszahlung gegen unwirksame, intransparente Kostenklauseln wehren können und welchen Anspruch Sie auf die lückenlose Offenlegung der Zinsberechnung Ihres Kapitals haben. Stärken Sie Ihre Position gegenüber Ihrer Bank – es geht um Ihr angespartes Vermögen.
1. Schluss mit versteckten Gebühren: Die Unwirksamkeit von Kostenklauseln in Riester-Verträgen
Im Zentrum der aktuellen Rechtsprechung steht die Frage, ob Banken und Sparkassen im Rahmen der Auszahlungsphase (Verrentung) von Riester-Banksparplänen Abschluss- und Vertriebskosten vom angesparten Kapital abziehen dürfen.
Das Problem: Intransparente "Altklauseln"
Viele ältere Riester-Banksparpläne enthalten sogenannte "Altklauseln" in ihren Allgemeinen Geschäftsbedingungen (AGB). Diese Klauseln regeln, dass dem Sparer im Falle der Verrentung "ggfs. Abschluss- und/oder Vermittlungskosten" belastet werden.
Beispiel:"Im Falle der Vereinbarung einer Leibrente werden dem Sparer ggfs. Abschluss- und/oder Vermittlungskosten belastet."
Das Kernproblem dieser Formulierung ist ihre völlige Unbestimmtheit. Beim Abschluss des Sparvertrages (oftmals über viele Jahre vor der Auszahlungsphase) wusste der Sparer weder die Höhe noch die genauen Bedingungen dieser potenziellen Kostenbelastung.
Die BGH-Entscheidung: Verstoß gegen das Transparenzgebot
Der Bundesgerichtshof (BGH) hat diese Praxis für rechtswidrig erklärt und entsprechende Klauseln in den Sonderbedingungen für Altersvorsorgeverträge (Riester-Verträge) für unwirksam erklärt.
Urteil vom 21. November 2023 (XI ZR 290/22): Der BGH stellte klar, dass eine derart unbestimmte Klausel, die lediglich nicht näher bezifferte Kosten in Aussicht stellt, eine Vertragsbedingung im Sinne des § 305c Abs. 1 S. 1 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB) ist.
Verstoß gegen § 307 BGB (Transparenzgebot): Der BGH urteilte, dass die Klausel gegen das Transparenzgebot (§307 Abs. 1 S. 2 BGB) verstößt. Sie lässt den Verbraucher die wirtschaftlichen Folgen nicht klar erkennen und benachteiligt ihn unangemessen, da er die tatsächliche Belastung bei Vertragsschluss nicht einschätzen konnte.
Folge: Die Klausel ist nach §307Abs. 1 S. 1 und 2 BGB unwirksam.
Was bedeutet das für Sparer?
Wenn Ihr Riester-Banksparplan eine ähnlich unbestimmte Klausel enthält, darf die Bank bei der anstehenden Verrentung keine Abschluss- und/oder Vertriebskosten (z. B. 5,00 % des Einmalbeitrags) vom angesparten Kapital abziehen.
Unzulässiger Versuch der "Neuvereinbarung"
Banken versuchen oft, die unwirksame Altklausel durch eine neue, separate Vereinbarung im Rahmen des Angebots zur Verrentung zu legitimieren.
Die Zwangslage des Sparers: Sparer befinden sich in der Regel in einer Zwangslage, da sie die Auszahlung (oder Verrentung) ihres Riester-Guthabens nur über die depotführende Stelle abwickeln können.
Rechtliche Bewertung: Der Versuch der Bank, dem Kunden in dieser Situation eine neue, kostenpflichtige Vereinbarung abzuverlangen, um die Verrentung abzuwickeln, ist unzulässig. Die Bank muss ein kostenbereinigtes Angebot unterbreiten.
2. Anspruch auf Rechenschaft: Die Offenlegung der Zinsberechnung
Viele Banksparpläne, auch die Riester-Varianten, sehen eine variable Grundverzinsung vor, die an einen Referenzzinssatz gekoppelt ist (z. B. einen Mix aus 30% 3-Monats-Euribor und 70% 10-jährigen Staatsanleihen). Die Bank hat die Pflicht, die Zinsanpassungen über die gesamte Laufzeit korrekt vorzunehmen.
Der Auskunftsanspruch aus § 242 BGB
Die Bank oder Sparkasse ist die Verwalterin des Kapitals und muss dem Sparer Rechenschaft über die vorgenommenen Zinsanpassungen ablegen.
Rechtliche Grundlage: Der einklagbare Auskunftsanspruch leitet sich direkt aus dem Sparvertrag in Verbindung mit dem Grundsatz von Treu und Glauben (§ 242 BGB) ab.
Was die Bank offenlegen muss: Es genügt nicht, dem Sparer nur die vertraglichen Referenzzinssätze zu nennen und auf deren öffentliche Verfügbarkeit zu verweisen. Dies genügt den Transparenzanforderungen nicht. Die Bank muss vollumfänglich und nachvollziehbar Auskunft erteilen.
Sie muss konkret darlegen, wie die Zinsanpassungen auf Basis des Referenzzinssatzes über die gesamte Laufzeit vorgenommen wurden.
Das Ziel ist, dem Kunden die Prüfung zu ermöglichen, ob ihm möglicherweise Zinsnachzahlungen zustehen, weil die Bank die Zinsen in der Vergangenheit falsch berechnet hat.
Ihre Forderung als Sparer:
Sie können die Sparkasse auffordern, darzulegen, wie die Anpassungen des Referenzzinssatzes konkret auf den Sparzins angewendet wurden für die gesamte Vertragslaufzeit.
3. Zusammenfassung der Forderungen und Expertenrat
Als Verbraucher, der von einer derartigen Praxis betroffen ist, sollten Sie Ihre Bank auffordern:
Kostenbereinigtes Angebot: Rechtsverbindlich zu bestätigen, dass bei der Verrentung des Kapitals keine Abschluss- und/oder Vertriebskosten (insbesondere nicht die genannten 5,00 %) berechnet werden, und Ihnen ein entsprechend kostenbereinigtes Angebot für die Sofortrente vorzulegen.
Transparente Zinsauskunft: Vollumfänglich und nachvollziehbar Auskunft über die Berechnung der variablen Grundverzinsung für die gesamte Vertragslaufzeit zu erteilen.
Wichtig: Setzen Sie eine klare Frist für die Erfüllung dieser Forderungen, da andernfalls rechtliche Schritte drohen. Zudem können Sie die Erstattung der Ihnen entstandenen Rechtsverfolgungskosten (Anwaltskosten) verlangen, wenn die Bank sich in Verzug befindet.
Ihr Partner für Bank- und Kapitalmarktrecht
Die komplexe Materie des Bank- und Kapitalmarktrechts, insbesondere im Spannungsfeld zwischen Verbraucherschutz und Finanzinstitut, erfordert Expertenwissen. Wenn Sie von unwirksamen Kostenklauseln oder intransparenter Zinsberechnung in Ihrem Riester-Vertrag betroffen sind, benötigen Sie spezialisierte anwaltliche Unterstützung.
Wir prüfen Ihren Vertrag, setzen Ihre Ansprüche auf kostenbereinigte Verrentung und vollständige Zinsauskunft durch und stehen Ihnen im Kampf um Ihr angespartes Kapital zur Seite. Zögern Sie nicht, uns zu kontaktieren, um Ihre Ansprüche fristgerecht geltend zu machen.