Vorfälligkeitsjoker

Vorfälligkeitsjoker

Wer sein Immobiliendarlehensvertrag vorzeitig beenden will, weil er das Darlehen zurückzahlen kann oder weil er durch einen Neuabschluss Zinsen sparen möchte, der sieht sich fast immer einer (zu) hohen Forderung seiner Bank ausgesetzt: der sog. Vorfälligkeitsentschädigung. Die meisten nehmen dann Abstand von ihrem Vorhaben, ohne zu wissen, dass es  zwischenzeitlich praktische Möglichkeiten, die Vorfälligkeitsentschädigung zu minimieren oder sogar ganz zu vermeiden.

Die Vorfälligkeitsentschädigung

Die Kreditinstitute dürfen  für die Kündigung eines Immobilienkredits vor Ablauf der Zinsbindung von dem Darlehnsnehmer die Zahlung einer Vorfälligkeitsentschädigung auf die Restschuld verlangen und das tun sie auch. Damit lassen sie sich für die entgangenen Zinseinnahmen entschädigen. Erfahrungsgemäß steht die Höhe dieses „Schadenersatzes“ in keiner Relation zu dem tatsächlichen „Verlust“ der Kreditinstitute.

Berechnung der Vorfälligkeitsentschädigung muss klar und verständlich sein

Wie die Vorfälligkeitsentschädigung berechnet werden muss ist gesetzlich nicht geregelt. Hier existiert „Richterrecht“, das allerdings nicht „die“ Methode vorschreibt, sondern lediglich einen Rahmen definiert. Doch das Gesetz fordert zumindest, dass die Angaben zur Berechnung der Vorfälligkeitsentschädigung für den Darlehensnehmer nachvollziehbar sein müssen. Das ist nur dann der Fall, wenn die Vertragsangaben über die Berechnung der Vorfälligkeitsentschädigung klar und verständlich im Sinne von Art. 247 § 7 Abs. 2 Nr. 1 EGBGB i.V.m. § 492 Abs. 2 BGB sind. Maßgeblich dafür ist die Sicht eines normal informierten, angemessen aufmerksamen und verständigen Verbrauchers. Der Darlehensgeber muss ihm für seine Berechnung der Vorfälligkeitsentschädigung die wesentlichen Parameter zumindest in groben Zügen klar und verständlich darlegen.

Intransparente Entschädigungsforderung führt zum Wegfall der Vorfälligkeitsentschädigung

Verstößt der Darlehensgeber gegen die gesetzlichen Anforderungen, dann verliert er seinen Anspruch auf eine Vorfälligkeitsentschädigung. Das ist Gesetz und gängige Rechtsprechung. So hat z.B. das Oberlandesgericht Frankfurt a.M. im Juli 2020 in einem Verfahren gegen die Commerzbank festgestellt, dass deren Berechnung der Entschädigung in einem Darlehensvertrag nicht „klar, prägnant, verständlich und genau“ war. Deshalb entschied das Gericht: „Die Leistung der Vorfälligkeitsentschädigung erfolgte ohne Rechtsgrund. Eine Zahlungsverpflichtung bestand nicht." Der Bundesgerichtshof bekräftigte diese Position ebenfalls im Juli 2020, indem er noch einmal grundsätzlich Folgendes vermerkte: „Sind die Angaben zur Methode der Berechnung der Vorfälligkeitsentschädigung in einem Verbraucherdarlehensvertrag fehlerhaft, verliert der Darlehensgeber den Anspruch auf eine Vorfälligkeitsentschädigung nach § 502 BGB. Das Anlaufen der Widerrufsfrist bleibt davon unberührt.“

Hinweis: Wenn zehn Jahre seit der Auszahlung des Festzinsdarlehens vergangen sind, darf das Kreditinstitut keine Vorfälligkeitsentschädigung mehr verlangen.

Fazit

Zwar hat das Kreditinstitut das Recht, eine angemessene Vorfälligkeitsentschädigung für den unmittelbar mit der vorzeitigen Rückzahlung zusammenhängenden Schaden zu verlangen, doch dieser Anspruch ist ausgeschlossen, wenn im Vertrag unter anderem die Angaben über die Berechnung der Vorfälligkeitsentschädigung unzureichend sind.

Tipp: Bei Darlehensverträgen die nach dem 10. Juni 2016 geschlossen wurden, können fehlerhafte Widerrufsbelehrungen oder Angaben zur Vorfälligkeitsentschädigung dazu führen, den Vertrag ohne Belastungen vorzeitig zu beenden.

Berechnung der Vorfälligkeitsentschädigung überprüfen lassen und Geld sparen

Man mag es kaum glauben, aber nicht gesetzeskonforme Berechnungen der Entschädigungsforderung sind keine Einzelfälle. Viele Kreditinstitute haben in der Vergangenheit gegen die gesetzliche Vorgabe der Transparenz und Verständlichkeit verstoßen und damit ihren Anspruch auf eine Vorfälligkeitsentschädigung bei vorzeitiger Beendigung des Immobiliendarlehens verloren. Daher kann man nur jedem Darlehensnehmer raten, sich nicht mit einer hohen Vorfälligkeitsentschädigung abzufinden, sondern die Klausel zu deren Berechnung fachanwaltlich prüfen zu lassen. Denn angesichts der hohen Fehlerquote bestehen große Chancen, die Vorfälligkeitsentschädigung abzuwenden.

Hinweis: Wer bereits eine Vorfälligkeitsentschädigung gezahlt hat, obwohl deren Berechnung nicht den gesetzlichen Vorgaben genügt, der kann diese zurückfordern.

Kostengünstige Ersteinschätzung der Vorfälligkeitsentschädigung

Wir prüfen die Forderung Ihres Kreditinstitutes auf Zahlung einer Vorfälligkeitsentschädigung. Sie erfahren von uns, ob diese berechtigt bzw. angemessen ist.

Wir übernehmen ggf. auf Ihren Wunsch, die Abwehr, Minderung oder Rückerstattung der Vorfälligkeitsentschädigung. Bei Erfolg trägt die Gegenseite die Kosten.

Grundsätzlich übernehmen wir nur Mandate, wenn in der Angelegenheit Aussicht auf Erfolg besteht und unsere Mandanten am Ende einen Vorteil verbuchen können.

Für Rechtsschutzversicherte kümmern wir uns um die Deckungszusage Ihrer Versicherung.