Versicherungsvermittler muss über Deckungsschutzausschlüsse aufklären

Versicherungsvermittler muss über Deckungsschutzausschlüsse aufklären

Versicherungen stehen für Risikoabsicherung. Doch Versicherungen versichern nicht jedes Risiko. Denn dann wäre ihr Risiko zu groß, Schaden zu nehmen oder gar ihre Existenz auf’s Spiel zu setzen. Deshalb haben sie in ihren Versicherungsbedingungen sog. Risikoausschlüsse verankert. So führt bei der Unfallversicherung nicht jeder Unfall zur Leistungspflicht des Versicherers. Das verhindern sog. Ausschlusstatbeständen. In den Allgemeinen Unfallversicherungsbedingungen (AUB) wurden dafür bestimmte Gefahren benannt, die als Risikoausschlusstatbestände ausgestaltet sind. Wer eine Unfallversicherung abschließt, sollte diese kennen. Oder „besser“: Der sollte von seinem Versicherungsvermittler darüber aufgeklärt werden.

 

Der Unfall

 

Ein unfallversicherter Motorsportler erlitt im Jahre 2010 bei einem Rennen infolge eines schweren Unfalls gravierende Verletzungen. Er ging davon aus, dass sein Motorsporthobby von dem Versicherungsschutz seiner Unfallversicherung gedeckt sei. Zwar hatte er die Versicherungsbedingungen nicht gelesen, doch seinem Versicherungsvermittler vertraut, dass er seinem Hobby versicherungsgeschützt nachgehen könne. Wäre er über den Ausschluss seines Hobbys aufgeklärt worden, hätte er sich über eine Unfallversicherung bei einer anderen Versicherung abgesichert. Aufgrund seiner Beeinträchtigungen durch die erlittenen Verletzungen wäre dann ein Invaliditätsleistungsanspruch iHv 165.000 EUR aufgrund eines Invaliditätsgrades von 80 % entstanden.

 

Der Rechtsstreit

 

Der geschädigte Motorsportler verklagte die Versicherungsvertreterin auf Schadensersatz wegen der Verletzung vorvertraglicher Beratungspflichten beim Abschluss des Versicherungsvertrages. Diese betreute ihn seit 1992 persönlich in Versicherungsangelegenheiten. Deshalb war ihr auch bekannt, dass der Geschädigte seit Juli 1993 aktiv Rennsport als Grasbahnwagenrennen-Beifahrer betrieb und an nationalen und internationalen Rennen teilnahm. Bei Vertragsabschluss über die Unfallversicherung im Jahre 2001 wurde u.a. darüber gesprochen, dass der Geschädigte aktiver Grasbahnwagenrennen-Beifahrer sei und seit vielen Jahren schon fast profimäßig Rennen fahre. Über dieses Gespräch fertigte die Versicherungsvertreterin ein Beratungsprotokoll an. Ausweislich des Versicherungsscheins lagen dem Vertrag u.a. die Allgemeinen Unfallversicherungsbedingungen (AUB 2008) zugrunde, nach denen der Versicherungsschutz für Unfälle bei Teilnahme an Rennveranstaltungen ausgeschlossen ist.

Die Versicherungsvertreterin behauptete auf den Ausschluss von Risikosportarten und den Abschluss einer speziellen Versicherung für dieses Hobby hingewiesen zu haben. Außerdem hätte sie darüber informiert, dass die von ihr vermittelten Versicherungsprodukte ein solches Risiko nicht versichern würden. Der Versicherungsnehmer habe das zur Kenntnis genommen, sei aber nicht weiter darauf eingegangen.

 

Die Entscheidung

 

Das Oberlandesgericht (OLG) Frankfurt a. M. urteilte am 13.5.2022 (Az. 7 U 168/16), dass die Versicherungsvertreterin gegenüber dem Geschädigten ihre Pflicht zur Beratung verletzt hat, indem sie ihn nicht darauf hingewiesen habe, dass die beantragte Unfallversicherung keinen Versicherungsschutz bei Teilnahme an Rennveranstaltungen biete.

Wer eine Versicherung eingeht, müsse zwar mit dem Bestehen von Risikoausschlüssen rechnen und sich über deren Inhalt und Umfang durch Einsichtnahme in die Versicherungsbedingungen vergewissern und beim Versicherungsvermittler bei Zweifeln nachfragen, doch von dieser Regel bestehe eine Ausnahme: wenn der Versicherungsvermittler erkennt oder erkennen muss, dass sich der potentielle Versicherungsnehmer über den Umfang der Versicherung irrige Vorstellungen macht. Dann müsse der Versicherungsvermittler, auch wenn die Versicherungsbedingungen klar und eindeutig gefasst sind, über den Umfang der Versicherung aufklären. Hier wäre die Versicherungsvermittlerin deshalb bei der Vermittlung der Unfallversicherung dazu verpflichtet gewesen, auf den Deckungsausschluss in den Versicherungsbedingungen hinzuweisen. Bei der Verletzung von Aufklärungs- und Beratungspflichten durch einen Versicherungsvertreter komme der Einwand des Mitverschuldens nur unter besonderen Umständen zum Tragen, weil sich der Beratene regelmäßig auf die Richtigkeit und Vollständigkeit der ihm erteilten Aufklärung und Beratung verlassen darf.

Der Vermittler haftet für den Schaden, der kausal auf die Pflichtverletzung zurückgeht. Hat er es pflichtwidrig unterlassen, ein bestimmtes Risiko abzudecken, so kann der Versicherungsnehmer von ihm verlangen, so gestellt zu werden, als hätte er den erforderlichen Versicherungsschutz erhalten (sog. Quasideckung).  Das bedeutet, dass der Geschädigte den Schaden ersetzt verlangen kann, den er bei Vermittlung eines ausreichenden Versicherungsschutzes von einem Unfallversicherer erlangt hätte. Hier wäre es eine Invaliditätsentschädigung iHv 165.000 EUR.

 

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