Schadenersatz bei Kapitalanlagebetrug durch falsche Prospektangaben

Schadenersatz bei Kapitalanlagebetrug durch falsche Prospektangaben

Wer sich zum Erwerb einer Kapitalanlage entschlossen hat, der folgt als Verbraucher mit geringer oder fehlender Geldanlageerfahrung dem Rat eines Beraters und vertraut natürlich den Angaben im Emissionsprospekt der ihm angebotenen Anlage. Ein solcher Prospekt ist nicht nur „schmückendes Beiwerk“ eines Kapitalanlagegeschäfts, sondern die verbindliche objektivierte Grundlage für eine Anlageentscheidung. Ein Industrieprodukt kann man äußerlich und funktionell begutachten und dann für geeignet oder ungeeignet befinden. Ein Kapitalanlageprodukt lässt sich nicht anfassen, da muss der Erwerber der „Beschreibung“ vertrauen und dann seine Entscheidung treffen. Was aber, wenn die Angaben im Prospekt falsch sind oder nachteilhafte Tatsachen verschwiegene wurden? Das kommt häufiger vor als man denkt und so landet der eine oder andere Fall vor Gericht, denn ein solcher Betrug ist kein Kavaliersdelikt und meist geht es um viel Geld.

 

Kapitalanlagebetrug vor Gericht

Manch Fall geht durch die Instanzen und landet beim Bundesgerichtshof (BGH), wenn die Parteien verbissen streiten und die rechtlichen Voraussetzungen für ein Verfahren vor dem höchsten Zivilgericht gegeben sind. Bei dem Vorwurf „Kapitalanlagebetrug durch falsche Prospektangaben“ steht für die dafür Verantwortlichen viel auf dem Spiel, da davon alle Anleger betroffen sind, die den unlauteren Prospekt zur Grundlage ihrer Anlageentscheidung genommen haben.

 

Falsche Prospektangaben müssen erheblich sein

Der BGH hat in seinem Urteil vom 3.2.2022 (Az. III ZR 84/21) darauf verwiesen, dass sich gem. § 264a Abs. 1 Nr. 1 StGB strafbar macht, wer im Zusammenhang mit dem Vertrieb von Wertpapieren, Bezugsrechten oder von Anteilen, die eine Beteiligung an dem Ergebnis eines Unternehmens gewähren sollen, in Prospekten oder in Darstellungen oder Übersichten über den Vermögensstand hinsichtlich der für die Entscheidung über den Erwerb oder die Erhöhung erheblichen Umstände gegenüber einem größeren Kreis von  Personen unrichtige vorteilhafte Angaben macht oder nachteilige Tatsachen verschweigt.“

In ihrer Entscheidung präzisierten die Richter das Tatbestandsmerkmal des „erheblichen Umstands“ und stellten klar, dass nicht jede unrichtige Angabe im Emissionsprospekt Betrug ist und einen Schadenersatzanspruch begründet. Der Leitsatz des Urteils lautet deshalb: „Die unrichtige Darstellung eines wertbildenden Umstands in einem Prospekt wird vom Tatbestand des Kapitalanlagebetrugs nur erfasst, wenn sie geeignet ist, einen verständigen, durchschnittlich vorsichtigen Kapitalanleger bei seiner Anlageentscheidung zu beeinflussen …“

Mit der Formulierung dieser Anforderung soll verhindert werden, dass selbst geringfügige Ungenauigkeiten einen erheblichen Prospektfehler darstellen und Schadenersatzforderungen auslösen. Mit anderen Worten: Unrichtigkeiten, die sich letztlich kaum auf die Gewinnerwartung auswirken, führen nicht zur Haftung.

 

Kommentar

Der BGH hat mit diesem Urteil dem geschädigten Anleger für die Geltendmachung einer Schadenersatzforderung auferlegt, im Wesentlichen folgendes überzeugend vorzutragen bzw. nachzuweisen:

  1. Der Emissionsprospekt ist fehlerhaft. Entweder enthält er falsche Angaben oder aber er unterschlägt wesentliche Informationen zur Anlage.
  2. Der bzw. die Fehler bzw. Unterlassungen müssen erheblich sein.
  3. Der geschädigte Anleger muss begründen, dass er die betreffende Anlage nicht erworben hätte, wenn er um die falschen bzw. unterlassenen (erheblichen) Prospektangaben gewusst hätte.

Grundsätzlich gilt, dass Gesetz und Gericht das individuelle Vermögen potentieller Kapitalanleger vor möglichen Schädigungen zu bewahren hat. Nach dem Willen des Gesetzgebers bedarf es eines solchen Schutzes vor allem dann, soweit unrichtige Angaben dazu geeignet sind, andere zur Anlage ihres Geldes zu veranlassen.

Das klingt gut, führt aber wie auch dieses Urteil zeigt, nicht dazu, dass ein geschädigter Anleger quasi im Spaziergang seine berechtigten Forderungen schnell und unkompliziert erfolgreich geltend machen kann. Das ist nicht zuletzt der Tatsache geschuldet, dass sich erfahrungsgemäß die Gegenseite mit qualifizierten Anwälten und allen rechtlichen Möglichkeiten gegen Schadenersatzforderungen wehrt. Will sich der geschädigte Anleger mit seinen Forderungen durchsetzen, dann ist er deshalb auf die Hilfe eines Fachanwalts für Bank- und Kapitalmarktrecht angewiesen.

 

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