Immer wieder kommt es vor, dass Sparkassen ihren Kunden die vor langer Zeit abgeschlossenen Prämiensparverträge kündigen. Als zu teuer und belastend empfinden sie mittlerweile diese Verträge. Doch können sie deshalb so einfach einen Vertrag kündigen? Die Sparkassen meinen „Ja“ und wenn der Prämiensparer dann „Nein“ sagt, haben am Ende die Gerichte das Wort und entscheiden über die Wirksamkeit der Kündigung eines Prämiensparvertrages. So musste erst kürzlich das Oberlandesgericht (OLG) Nürnberg einen solchen Fall entscheiden.
Ein typischer Fall
Der Sparkassenkunde schloss im Oktober 2001 einen Prämiensparvertrag („S-Prämiensparen flexibel“) mit seinem Kreditinstitut. Im Vertrag wurde vereinbart, dass die Sparkasse neben dem jeweils gültigen Zinssatz eine verzinsliche Prämie auf die geleisteten Sparbeiträge des jeweils abgelaufenen Sparjahres zahlt. Die dem Vertrag beigefügte Prämienstaffel hat nach „3J“ mit 3 % begonnen und ist bis nach „15J“ jährlich auf bis zu 50 % angestiegen. Eine Prämie von 50 % nennt die Prämienstaffel auch nach „16J“, „17J“, „18J“, 19J“, „20J“ und „FJ“.
Im Sommer 2019 kündigte die Sparkasse den Vertrag unter Berufung auf die „grundlegende Änderung der wirtschaftlichen Rahmenbedingungen in den vergangenen Jahren“ zum 1.10.2019. Der Prämiensparer wies die Kündigung zurück und klagte schließlich.
Eine gute Entscheidung
Das OLG Nürnberg war in der Berufung mit dem Fall befasst. Die Richter kamen aus folgenden Gründen zu dem Ergebnis, dass der Sparvertrag durch die Kündigung der Sparkasse nicht beendet wurde:
Die Sparkasse habe zwar grundsätzlich ein ordentliches Kündigungsrecht. Doch dieses sei bis zum Ablauf des 20. Sparjahres abbedungen worden. Deshalb komme eine vorherige Vertragsbeendigung im Wege der ordentlichen Kündigung nicht in Frage. Nach dem Grundsatzurteil des Bundesgerichtshofes (BGH) vom 14.5.2019 (Az. XI ZR 345/18) beinhalte die in einem Prämiensparvertrag enthaltene Prämienstaffel mit kontinuierlich steigenden Prämien den konkludenten Ausschluss des ordentlichen Kündigungsrechts der Sparkasse bis zum Erreichen der höchsten Prämienstufe. Doch das schließe nicht aus, dass auch nach diesem Zeitpunkt für die weiteren Sparjahre die Prämien gezahlt werden müsse.
Die Verträge über das Modell „S-Prämiensparen flexibel“ sahen keine feste Vertragslaufzeit vor und wurden folglich auf unbefristete Zeit geschlossen. Sie enthalten zwar keinen expliziten Ausschluss des ordentlichen Kündigungsrechts der Sparkasse. Doch die Gestaltung des Vertragsformulars sei hinsichtlich der Beendigungsrechte der Parteien verwirrend gestaltet. Es erwecke für den durchschnittlichen, rechtlich nicht vorgebildeten Verbraucher den Eindruck, dass überhaupt nur die Kunden den Vertrag ordentlich kündigen könnten. Für einen längerfristigen Ausschluss des Kündigungsrechts spreche ferner, dass der vom BGH für relevant erachtete besondere wirtschaftliche Sparanreiz der Prämienstaffel auch über das Jahr des erstmaligen Erreichens der höchsten Prämienstufe hinaus bestehen könne. Weiterhin sei für den objektiven Empfängerhorizont des durchschnittlichen Verbrauchers nicht allein die wirtschaftliche Binnenlogik des konkreten Anlageprodukts maßgeblich. Der Verbraucher treffe seine Anlageentscheidung auch vor dem Hintergrund alternativer Anlagemöglichkeiten und der ihm dort angebotenen Konditionen. Gerade bei vor 2008 abgeschlossenen Sparverträgen existierten alternative Anlageformen wie etwa Bausparverträge, bei denen trotz hoher Verzinsung ein Kündigungsrecht des Kreditinstituts langfristig ausgeschlossen war.
Kommentar
Kann der Sparer erwarten, dass ihm mit dem Vertrag über 25 Jahre oder gar zeitlich unbegrenzt eine Sparmöglichkeit gegeben wurde? Das OLG Nürnberg hat diese Frage mit Blick auf den „durchschnittlichen Verbraucher“ so beantwortet:
Eine Prämienstaffel in einem Prämiensparvertrag, welche die Höchstprämie über mehrere Sparjahre vorsieht, schließt das ordentliche Kündigungsrecht der Sparkasse bis zum letzten ausgewiesenen Sparjahr aus, das Erreichen der Höchstprämie ist kein Kündigungsanlass. Und während einer vertraglich vereinbarten Laufzeit ist eine ordentliche Kündigung der Sparkasse unabhängig von der Prämienstaffel ausgeschlossen.
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