Die Digitalisierung hat den Kapitalmarkt erfasst und revolutioniert die Art und Weise, wie wir Wertpapiere verstehen und handeln. Statt dicker Papierurkunden treten nun rein elektronische Einträge in Registern. Möglich macht dies in Deutschland maßgeblich das Gesetz über elektronische Wertpapiere (eWpG). Dieses Gesetz hat die Tür für eine modernere, effizientere und potenziell kostengünstigere Wertpapierwelt geöffnet. Doch was genau sind elektronische Wertpapiere und welche Auswirkungen hat das für Emittenten und Investoren?
Was sind elektronische Wertpapiere nach dem eWpG?
Das eWpG ermöglicht es, bestimmte Arten von Wertpapieren ohne die traditionelle Papierurkunde auszugeben. Stattdessen wird das Recht direkt durch Eintragung in ein elektronisches Wertpapierregister begründet. Rechtlich gesehen entfaltet ein elektronisches Wertpapier dieselbe Wirkung wie sein papierbasiertes Gegenstück und gilt sogar als Sache im Sinne des § 90 BGB (Bürgerliches Gesetzbuch).
Das Gesetz ist technologieneutral konzipiert und unterscheidet hauptsächlich zwei Formen von elektronischen Registern und somit zwei Arten von elektronischen Wertpapieren:
- Zentralregisterwertpapiere: Diese werden in ein zentrales Register eingetragen, das in der Regel von einem Zentralverwahrer (wie Clearstream, einer Tochter der Deutschen Börse) oder einer Depotbank geführt wird. Dies knüpft an bestehende Strukturen im Wertpapierhandel an.
- Kryptowertpapiere: Diese werden in ein sogenanntes Kryptowertpapierregister eingetragen. Ein solches Register muss auf einem fälschungssicheren Aufzeichnungssystem basieren, in dem Daten chronologisch protokolliert und vor unbefugter Löschung sowie nachträglicher Veränderung geschützt gespeichert werden. Oft kommt hier die Distributed-Ledger-Technologie (DLT), wie die Blockchain, zum Einsatz.
Welche Wertpapiere können elektronisch begeben werden?
Ursprünglich startete das eWpG mit Inhaberschuldverschreibungen und bestimmten Fondsanteilen. Durch das Zukunftsfinanzierungsgesetz (ZuFinG) wurde der Anwendungsbereich jedoch entscheidend erweitert:
- Elektronische Aktien sind Realität: Es können nun auch Aktien elektronisch begeben werden. Dies umfasst Namensaktien, die sowohl als Zentralregisterwertpapiere als auch als Kryptowertpapiere ("Krypto(namens)aktien") ausgegeben werden können. Inhaberaktien können ebenfalls elektronisch als Zentralregisterwertpapiere begeben werden.
Wie funktioniert die Ausgabe und Übertragung?
- Ausgabe (Begebung): Ein elektronisches Wertpapier entsteht durch die konstitutive Eintragung im jeweiligen Register durch den Emittenten. Die Emissionsbedingungen sind ebenfalls elektronisch hinterlegt und einsehbar.
- Übertragung: Die Übertragung des Eigentums an elektronischen Wertpapieren erfolgt durch eine entsprechende Weisung und Umtragung im Register. Das Gesetz sieht auch hier die Möglichkeit des gutgläubigen Erwerbs vor, um die Transaktionssicherheit zu gewährleisten. Bei Kryptowertpapieren, die in Einzeleintragung (direkt auf den Namen des Inhabers) begeben werden, kann auf Intermediäre wie Banken potenziell verzichtet werden.
Welche Anforderungen gelten für die Register?
Die Details zur Führung der elektronischen Wertpapierregister, wie technische Anforderungen, Einsichtsrechte und Dokumentationspflichten, sind in der Verordnung über Anforderungen an elektronische Wertpapierregister (eWpRV) geregelt. Diese Verordnung stellt sicher, dass die Register vertraulich, integer und authentisch geführt werden und die Rechtslage korrekt wiedergeben. Für Kryptowertpapierregister gelten spezifische Anforderungen an die Fälschungssicherheit des Aufzeichnungssystems und die Transparenz, etwa bezüglich des Quellcodes.
Was bedeutet das für Sie?
- Für Emittenten (Unternehmen, die Wertpapiere ausgeben):
- Potenzielle Effizienzsteigerung und Kostenersparnis: Wegfall von Druck- und Lagerkosten für Urkunden, schnellere Abwicklungsprozesse.
- Zugang zu neuen Investorengruppen: Insbesondere Kryptowertpapiere könnten neue, digitalaffine Investoren ansprechen.
- Neue Pflichten: Einhaltung der Vorgaben des eWpG und der eWpRV, Auswahl einer geeigneten registerführenden Stelle.
- Für Anleger:
- Keine physischen Urkunden mehr: Der Besitz wird durch den Registereintrag nachgewiesen.
- Potenziell schnellere und einfachere Übertragbarkeit, insbesondere bei Kryptowertpapieren.
- Transparenz: Einsichtsrechte in das Register (in bestimmtem Umfang) und in die Emissionsbedingungen.
- Rechtssicherheit: Die Gleichstellung mit traditionellen Wertpapieren und Regelungen zum gutgläubigen Erwerb bieten einen verlässlichen Rahmen.
Fazit und Empfehlung
Das eWpG und die Einführung elektronischer Wertpapiere, einschließlich digitaler Aktien, sind ein wichtiger Schritt zur Modernisierung des deutschen Kapitalmarkts. Sie eröffnen neue Möglichkeiten, bringen aber auch neue rechtliche und technische Aspekte mit sich, mit denen sich sowohl Emittenten als auch Anleger vertraut machen sollten. Die genaue Ausgestaltung, insbesondere bei Kryptowertpapieren, bietet Flexibilität, erfordert aber auch eine sorgfältige Planung und Umsetzung.
Wichtiger Hinweis: Dieser Beitrag dient nur der allgemeinen Information und stellt keine Rechtsberatung dar. Die Materie der elektronischen Wertpapiere ist komplex und von technischen Details geprägt. Wenn Sie als Unternehmen die Emission elektronischer Wertpapiere planen oder als Anleger Fragen zu Ihren Rechten und Pflichten haben, sollten Sie unbedingt frühzeitig Rechtsrat bei einem spezialisierten Anwalt einholen.