Förderkredite, beispielsweise von der Kreditanstalt für Wiederaufbau (KfW), sind eine beliebte Möglichkeit, private Vorhaben wie den Bau oder Kauf eines Eigenheims oder unternehmerische Projekte günstig zu finanzieren. Schließen Sie solche Verträge online oder über andere Fernkommunikationsmittel ab (im sogenannten Fernabsatz), gelten für Sie bald neue, EU-weit harmonisierte Regeln. Ab dem 19. Juni 2026 treten wichtige Änderungen in Kraft, die Ihre Rechte als Verbraucher stärken sollen. Hier erfahren Sie, was auf Sie zukommt.
1. Mehr und klarere Informationen vor Vertragsabschluss
Künftig müssen Ihnen Banken und Finanzdienstleister noch umfassendere Informationen zur Verfügung stellen, bevor Sie einen Förderkredit im Fernabsatz abschließen. Ziel ist es, dass Sie eine gut informierte Entscheidung treffen können.
- Was ist neu? Auf diese zusätzlichen Informationen haben Sie Anspruch:
- Ökologische oder soziale Ziele: Wenn der Kreditvertrag ökologische oder soziale Faktoren berücksichtigt (z.B. "grüne Kredite" für erneuerbare Energien ), muss der Anbieter Sie über die damit verfolgten Ziele informieren.
- Folgen bei Zahlungsverzug oder -ausfall: Die Konsequenzen, wenn Sie Ihre Raten nicht oder verspätet zahlen (z.B. Verzugszinsen, mögliche Kündigung des Kredits, Kosten für die Verwertung von Sicherheiten), müssen Ihnen klar und verständlich dargelegt werden. Dies schließt auch Informationen zur Berechnung einer eventuellen Vorfälligkeitsentschädigung ein, falls Sie den Kredit vorzeitig zurückzahlen möchten.
- Personalisierte Preise durch Automatisierung: Falls der Zinssatz oder andere Kreditkonditionen mithilfe automatisierter Entscheidungssysteme (z.B. durch eine KI-basierte Auswertung Ihrer Daten) individuell für Sie festgelegt werden, muss der Anbieter Sie darüber informieren. Bei Förderdarlehen, deren Konditionen oft auf gesetzlichen Grundlagen beruhen, wird dieser Punkt jedoch seltener relevant sein.
- Wie müssen die Informationen bereitgestellt werden?
- Klar und verständlich: Die Informationen müssen in einer klaren, direkten Sprache formuliert sein, juristischer Fachjargon ist möglichst zu vermeiden.
- Auf einem dauerhaften Datenträger: Sie müssen die Informationen so erhalten, dass Sie sie speichern und jederzeit wieder aufrufen können, z.B. als PDF-Dokument.
- Leicht lesbar und barrierefrei: Die Darstellung muss gut lesbar sein. Für Menschen mit Behinderungen, beispielsweise mit einer Sehbehinderung, müssen die Informationen in einem geeigneten und barrierefreien Format zur Verfügung gestellt werden (z.B. als vorlesbares Dokument oder unter Berücksichtigung von Screenreadern).
- "Geschichtete" Informationen bei Online-Darstellung: Um bei umfangreichen Informationen im Internet die Übersichtlichkeit zu wahren, können diese gestaffelt ("Layering-Technik") oder mit einem Inhaltsverzeichnis präsentiert werden.
- "Angemessene Erläuterungen": Über die reine Informationsbereitstellung hinaus haben Sie künftig einen Anspruch auf "angemessene Erläuterungen". Das bedeutet, der Anbieter muss Ihnen die wesentlichen Vertragsmerkmale, die spezifischen Auswirkungen des Vertrags auf Ihre finanzielle Situation und die Hauptfolgen eines Zahlungsausfalls aktiv und verständlich erklären.
2. Das Widerrufsrecht: Was ändert sich?
Das bekannte 14-tägige Widerrufsrecht bei Fernabsatzverträgen über Finanzdienstleistungen bleibt grundsätzlich bestehen. Es gibt jedoch einige wichtige Anpassungen und Neuerungen:
- Der neue "Widerrufsbutton": Für online abgeschlossene Finanzdienstleistungsverträge, bei denen ein Widerrufsrecht besteht, müssen Anbieter künftig eine leicht zugängliche elektronische Funktion (oft als "Widerrufsbutton" bezeichnet) zur Verfügung stellen. Damit können Sie Ihren Vertrag einfach und direkt online widerrufen. Die Information über diese Möglichkeit muss auch die Telefonnummer und E-Mail-Adresse des Unternehmers umfassen.
- Ende des "ewigen Widerrufsrechts"? Ein kritisches Detail: Bisher konnte eine fehlerhafte oder unvollständige Widerrufsbelehrung dazu führen, dass die 14-tägige Widerrufsfrist nie zu laufen begann. In solchen Fällen war es teilweise möglich, Kreditverträge noch Jahre nach Abschluss zu widerrufen (sogenanntes "ewiges Widerrufsrecht"). Die Neuregelung sieht vor, dass das Widerrufsrecht nun spätestens 12 Monate und 14 Tage nach Vertragsschluss erlischt, auch wenn der Unternehmer seine Informationspflichten nicht vollständig erfüllt hat. Aber Vorsicht: Diese absolute Frist gilt nicht, wenn der Verbraucher überhaupt nicht über sein Widerrufsrecht (das heißt, über das Bestehen des Rechts an sich) informiert wurde. Eine zusätzliche Verkomplizierung könnte dadurch entstehen, dass der deutsche Gesetzgeber plant, die bisherigen gesetzlichen Muster für Widerrufsinformationen und die damit verbundene Schutzwirkung für Unternehmer (Gesetzlichkeitsfiktion) ersatzlos zu streichen. Kritiker befürchten, dass dies zu neuer Rechtsunsicherheit führen könnte, wann eine Information als korrekt und ausreichend gilt, um die absolute Frist auszulösen.
- Hintergrund aus der Rechtsprechung (vereinfacht): Der Europäische Gerichtshof (EuGH) hat in der Vergangenheit die Rechte von Verbrauchern bei fehlerhaften Kreditvertragsinformationen oft gestärkt. Die Diskussion um das "ewige Widerrufsrecht" hat zahlreiche deutsche Gerichte, bis hin zum Bundesgerichtshof (BGH), beschäftigt. Ein möglicher Grund für die Abschaffung der nationalen Muster-Widerrufsbelehrungen könnte eine Entscheidung des EuGH sein, wonach Mitgliedstaaten unter Umständen für fehlerhafte gesetzliche Muster haften könnten (vgl. EuGH, verb. Rs. C-33/20, C-155/20 und C-187/20 – u.a. BMW Bank).
- Erinnerung an das Widerrufsrecht bei kurzfristiger Information: Wenn Ihnen die Vertragsinformationen auf einem dauerhaften Datenträger erst sehr kurzfristig – d.h., weniger als einen Tag – vor Ihrer Vertragsbindung übermittelt werden, muss der Unternehmer Sie innerhalb von sieben Tagen nach Vertragsschluss aktiv an Ihre Widerrufsmöglichkeit und das dafür vorgesehene Verfahren erinnern.
3. Was bedeutet das für Sie als Verbraucher? Praktische Tipps:
- Lesen Sie genau: Nehmen Sie sich die Zeit, die (nun noch umfangreicheren) vorvertraglichen Informationen sorgfältig zu lesen und zu verstehen, bevor Sie einen Vertrag unterschreiben oder online abschließen.
- Fragen Sie aktiv nach: Nutzen Sie Ihr neues Recht auf "angemessene Erläuterungen". Wenn Ihnen etwas unklar ist, fragen Sie beim Anbieter nach, bis Sie alles verstanden haben.
- Kennen Sie Ihre Rechte: Machen Sie sich mit Ihrem Widerrufsrecht vertraut. Prüfen Sie, ob und wie Sie den neuen "Widerrufsbutton" nutzen können.
- Dokumentieren Sie alles: Heben Sie sämtliche Vertragsunterlagen, Korrespondenz und Informationen, die Sie vom Anbieter erhalten, sorgfältig auf. Dies gilt insbesondere für die auf einem dauerhaften Datenträger zur Verfügung gestellten Informationen.
Schlussbemerkung und Handlungsempfehlung
Die neuen EU-Regelungen, die ab Juni 2026 gelten, zielen darauf ab, den Verbraucherschutz bei online abgeschlossenen Finanzdienstleistungen wie Förderdarlehen zu verbessern und für mehr Transparenz zu sorgen. Die erhöhten Informationspflichten und der neue Widerrufsbutton sind positive Entwicklungen für Verbraucher. Allerdings zeigen sich auch neue Detailfragen und potenzielle Unsicherheiten, insbesondere im Zusammenhang mit der Befristung des Widerrufsrechts und dem Wegfall der Musterbelehrungen.
Wenn Sie unsicher sind, ob Ihre Rechte gewahrt wurden, oder wenn Sie Probleme mit einem (Förder-)Kreditvertrag haben, der im Fernabsatz geschlossen wurde, ist eine frühzeitige anwaltliche Beratung oft der beste Weg, um Ihre Interessen zu schützen.
Bei Fragen zu Förderdarlehen und anderen bankrechtlichen oder kapitalmarktrechtlichen Themen stehen wir Ihnen gerne mit ihrer Expertise zur Seite und ist Ihnen bei der Lösung von Problemen behilflich.