Der digitale Goldrausch um Bitcoin, NFTs und andere Kryptowerte hat Europa erfasst. Doch mit den enormen Chancen wuchsen auch die Risiken und die Rechtsunsicherheit. Lange glich der Kryptomarkt einem "Wilden Westen" mit wenigen einheitlichen Regeln. Das hat sich grundlegend geändert: Mit der MiCAR (Markets-in-Crypto-Assets Regulation) hat die Europäische Union ein umfassendes Regelwerk geschaffen, das seit Ende 2024 (und für bestimmte Bereiche wie Stablecoins schon seit Mitte 2024) für klare Verhältnisse sorgt. Doch was bedeutet das konkret für Sie als Anleger oder als Unternehmen im Kryptospace, insbesondere wenn es um die sichere Aufbewahrung digitaler Vermögenswerte geht?
Was verstand man bisher unter dem Kryptoverwahrgeschäft? Ein Rückblick
Bevor die MiCAR die Landschaft neu gestaltete, definierte das deutsche Kreditwesengesetz (KWG) das Kryptoverwahrgeschäft als eine erlaubnispflichtige Finanzdienstleistung. Es umfasste im Kern drei Tätigkeiten, wenn sie für Dritte erbracht wurden:
- Verwahrung von Kryptowerten: Die Inobhutnahme von Kryptowerten für Kunden, oft in Sammelbeständen (Omnibus-Wallets), wobei der Dienstleister die privaten kryptografischen Schlüssel kontrolliert.
- Verwaltung von Kryptowerten: Die laufende Ausübung der Rechte aus den Kryptowerten für den Kunden (z.B. Entgegennahme von Erträgen aus Security Token).
- Sicherung von Kryptowerten oder privaten kryptografischen Schlüsseln: Die aktive digitale Speicherung von Schlüsseln oder die physische Aufbewahrung von Datenträgern mit diesen Schlüsseln für andere.
Die neue Ära: MiCAR regelt die Krypto-Verwahrung EU-weit
Mit der vollen Anwendbarkeit der MiCAR-Verordnung hat sich der Rechtsrahmen entscheidend verändert. Die MiCAR definiert "Krypto-Dienstleistungen", darunter auch die "Verwahrung und Verwaltung von Kryptowerten für Dritte". Anbieter solcher Dienstleistungen gelten als Crypto Asset Service Providers (CASPs) und benötigen nun eine Zulassung nach MiCAR. Diese wird von der national zuständigen Aufsichtsbehörde (in Deutschland die BaFin) erteilt, ist aber an europaweit einheitliche, strenge Voraussetzungen geknüpft.
Was genau braucht man für eine MiCAR-Zulassung als Krypto-Dienstleister (CASP)?
Die Hürden für eine Zulassung als CASP nach der MiCAR-Verordnung sind nicht unerheblich. Folgende wesentliche Anforderungen für den Zulassungsantrag sind zu beachten (gemäß Art. 59, 63 MiCAR):
- Grundlegende Voraussetzungen und Unternehmensstruktur:
- EU-Sitz: Grundsätzlich ist ein Sitz in der Europäischen Union erforderlich. Das bedeutet, dass das Unternehmen entweder seinen Standort oder seine tatsächliche Geschäftsführung in der EU haben muss, oder zumindest ein Geschäftsführer muss in der EU ansässig sein.
- Ausreichende Kapitalausstattung: CASPs müssen über genügend Eigenkapital verfügen.
- Geeignete Leitungsorgane: Die Geschäftsleiter und Mitglieder des Leitungsorgans müssen fachlich geeignet sein (ausreichende Kenntnisse, Fähigkeiten und Erfahrungen besitzen) und zuverlässig sein (z.B. ein unbescholtenes Vorstrafenregister ohne einschlägige Strafen vorweisen).
- Transparente Eigentümerstruktur: Angaben zu den Anteilseignern oder Gesellschaftern sind Teil des Antrags.
- Organisatorische und operative Anforderungen (gemäß Art. 62 MiCAR u.a.):
- Solider Geschäftsplan.
- Effektive Governance-Strukturen und Mechanismen für die interne Kontrolle.
- Risikomanagement: Es müssen robuste Systeme für das Management von Risiken implementiert sein.
- IT-Sicherheit: Die Sicherheit der Informations- und Kommunikationstechnologie-Systeme muss gewährleistet sein.
- Schutz von Kundenvermögen (Segregation): Kryptowerte und Geldbeträge von Kunden müssen strikt von den Eigenmitteln des CASP getrennt aufbewahrt werden. Bei Kryptowerten soll diese Trennung auf DLT-Ebene erfolgen. Kundengelder sind bei einer Zentralbank oder einem Kreditinstitut zu halten.
- Registerführung: CASPs, die Kryptowerte für Kunden verwahren, müssen ein Register über die Bestände jedes einzelnen Kunden führen.
- Handeln im Kundeninteresse: Dienstleistungen müssen im besten Interesse der Kunden erbracht werden (z.B. "Best Execution" bei Auftragsausführung).
- Vermeidung von Marktmissbrauch: Es müssen Vorkehrungen getroffen werden, um Marktmissbrauch aufzudecken und zu verhindern.
- Umgang mit Interessenkonflikten: Es bedarf klarer Leitlinien, wie mit potenziellen Interessenkonflikten umgegangen wird.
- Beschwerdemanagement: Es muss ein wirksames Verfahren zur Bearbeitung von Kundenbeschwerden etabliert werden.
- Auslagerungsmanagement: Wenn bestimmte Tätigkeiten an Drittdienstleister ausgelagert werden, müssen hierfür klare Vorkehrungen und Kontrollen bestehen.
- Antragsverfahren:
- Der Antrag ist bei der national zuständigen Aufsichtsbehörde (z.B. BaFin in Deutschland) einzureichen.
- Es muss eine umfangreiche Dokumentation gemäß Artikel 62 MiCAR vorgelegt werden, die alle oben genannten Aspekte detailliert beschreibt.
Vorteile der MiCAR-Regulierung für die Kryptoverwahrung:
- EU-Passport: Ein in einem EU-Land zugelassener CASP kann seine Dienste EU-weit anbieten. Dies löst die frühere Situation ab, in der das deutsche Kryptoverwahrgeschäft eine rein nationale Lizenz ohne EU-weiten "Pass" war.
- Einheitliche Standards: Die MiCAR legt europaweit geltende Anforderungen fest.
- Erhöhter Anlegerschutz: Durch klare Verantwortlichkeiten, Haftungsregeln und Aufsichtsstrukturen soll das Vertrauen in Krypto-Dienstleister gestärkt werden.
Was bedeutet das für Anbieter und Anleger?
- Für (potenzielle) Anbieter von Kryptoverwahrleistungen:
- Eine MiCAR-Zulassung ist zwingend erforderlich, um legal am Markt agieren zu können. Das Verfahren ist anspruchsvoll.
- Die Einhaltung der MiCAR-Vorgaben (Compliance) ist ein laufender Prozess und erfordert robuste interne Strukturen.
- Bestehende deutsche Erlaubnisse nach dem KWG für das Kryptoverwahrgeschäft mussten oder müssen in den MiCAR-Rahmen überführt werden, wobei Übergangsregelungen zu beachten waren.
- Für Anleger:
- Sie sollten darauf achten, nur lizenzierte CASPs für die Verwahrung ihrer Kryptowerte zu nutzen. Die BaFin und die europäische Aufsichtsbehörde ESMA führen entsprechende Register (gemäß Art. 109 MiCAR).
- Die MiCAR-Regulierung bietet ein höheres Schutzniveau, ersetzt aber nicht die eigene Sorgfalt und das Bewusstsein für die spezifischen Risiken von Krypto-Investments.
Fazit und Empfehlung
Die Zeiten des unregulierten Kryptoverwahrgeschäfts sind in der EU vorbei. Die MiCAR hat einen verbindlichen Rahmen geschaffen, der Anbietern klare Pflichten auferlegt und Anlegern mehr Sicherheit bieten soll. Die Anforderungen an eine Zulassung als CASP für die Kryptoverwahrung sind hoch und erfordern eine gründliche Vorbereitung.
Wichtiger Hinweis: Dieser Beitrag dient ausschließlich der allgemeinen Information und stellt keine Rechtsberatung dar. Die rechtlichen Anforderungen im Bereich der Kryptowerte und der MiCAR sind komplex. Wenn Sie als Unternehmen eine Krypto-Dienstleistung wie die Verwahrung anbieten möchten oder als Anleger Fragen zur sicheren Aufbewahrung Ihrer digitalen Vermögenswerte haben, sollten Sie unbedingt frühzeitig qualifizierten Rechtsrat bei einem fachkundigen Anwalt einholen. Wir sind Fachanwälte für Bank- und Kapitalmarktrecht.