Der Bundesgerichtshof (BGH) hat das sogenannte "ewige Widerrufsrecht" eingeschränkt. Viele Verbraucher hatten in der Vergangenheit Lebensversicherungen abgeschlossen, bei denen die Versicherungsgesellschaften nicht ausreichend über das Widerrufsrecht informiert hatten. Diese Verträge wurden nach dem „Policenmodell“ des § 5a VVG a.F. im Jahr 2002 abgeschlossen, was es den Verbrauchern theoretisch ermöglichte, Jahre später vom Vertrag zurückzutreten.
Das Urteil des BGH:
Der BGH hat nun entschieden, dass dieses "ewige Widerrufsrecht" nicht unbegrenzt gilt. Wenn der Informationsfehler nur geringfügig ist und der Verbraucher sich bewusst war, dass er einen Vertrag abschließt, kann ein Widerruf nach vielen Jahren unzulässig sein. Die Annahme eines rechtsmissbräuchlichen Verhaltens bei sehr späten Widersprüchen steht im Einklang mit den Grundsätzen der Rechtsprechung des EuGH (EuGH-Urteil v. 9.9.2021, C-33/20). Der EuGH erlaubt auch die Berücksichtigung nationaler Rechtsgrundsätze zu Fragen von Treu und Glauben (EuGH-Urteil v. 24.2.2022, C-143/20).
Wann der "Widerspruchsjoker" nicht funktioniert:
Wenn ein Versicherungsvertrag nur kleine Fehler in der Belehrung über das Widerrufsrecht aufweist und der Verbraucher erst Jahre später von seinem Widerspruchsrecht Gebrauch macht, kann dies als rechtsmissbräuchlich angesehen werden.
Was bedeutet das konkret?
- Geringfügige Fehler: Wenn beispielsweise nur ein kleines Wort in der Information falsch ist und der Verbraucher trotzdem verstanden hat, dass er den Vertrag widerrufen kann, kann ein später Widerruf abgelehnt werden.
- Treu und Glauben: Der BGH beruft sich auf den Grundsatz von Treu und Glauben (§242 BGB), was bedeutet, dass man nicht alles tun darf, was rechtlich möglich ist, wenn es offensichtlich unfair gegenüber der anderen Partei ist.
- Beispielsweise:BGHUrteil v. 15.2.2023, IV ZR 353/21; BGH-Urteil v. 7.5.2014, IV ZR 76/11; BGH-Urteil v. 29.7.2015, IV ZR 384/14 u. 448/14; BGH, Urteil v. 10.2.2021, IV ZR 32/20
Was bedeutet das für Verbraucher?
- Kleine Fehler sind nicht immer entscheidend: Nicht jeder Fehler in der Versicherungspolice führt automatisch zu einem Widerrufsrecht.
- Zeit spielt eine Rolle: Je länger Sie warten, desto schwieriger wird es, den Vertrag erfolgreich anzufechten.
- Einzelfallprüfung: Ob ein Widerruf zulässig ist, muss im Einzelfall geprüft werden.
Warum ist diese Entscheidung wichtig?
- Rechtssicherheit: Diese Entscheidung schafft mehr Rechtssicherheit für Versicherungsgesellschaften und Verbraucher.
- Verhinderung von Missbrauch: Sie verhindert, dass Verbraucher alte Verträge kündigen, nur um sich Vorteile zu verschaffen.
Fazit:
Der BGH hat klargestellt, dass das Widerrufsrecht nicht uneingeschränkt gilt. Verbraucher sollten sich gut beraten lassen, bevor sie einen alten Versicherungsvertrag widerrufen, da nicht jeder vermeintliche Fehler in der Police zum Erfolg führt.
Zusätzliche Informationen:
- Grund für die Einschränkung: Der BGH möchte verhindern, dass Verbraucher Jahre nach Vertragsabschluss plötzlich alte Verträge widerrufen und Versicherungen damit in Schwierigkeiten bringen.
- Individuelle Beratung: Jeder Fall ist individuell zu beurteilen; eine pauschale Aussage über die Möglichkeit eines Widerrufs kann nicht getroffen werden.
Für wen ist diese Information wichtig?
- Verbraucher: Alle, die einen alten Versicherungsvertrag haben und prüfen möchten, ob sie ihn widerrufen können.
- Rechtsanwälte: Zur Beratung von Mandanten in Versicherungsangelegenheiten.
Unser Angebot: Check Ihres Anspruchs
Wir prüfen als Fachanwaltskanzlei für Bank- und Kapitalmarktrecht für Sie, ob wir für Sie Ihr Problem schnell und nachhaltig lösen können. Wir prüfen Ihre Ansprüche und machen diese ggf. auf Ihren Wunsch gegenüber der Gegenseite geltend.
Wir klären Sie stets über die Erfolgsaussichten Ihrer Forderung auf und sagen Ihnen, mit welchen Kosten Sie bei einer Mandatierung rechnen müssen. Im Erfolgsfall hat der Gegner die Kosten zu tragen.
Für rechtsschutzversicherte Mandanten übernehmen wir die Deckungsanfrage.